Lektüre

Als ich vorhin im Park saß, erging es mir wie so oft, wenn ich in einem Buch des Dalai Lama lese. Ich werde erfüllt von einer inneren Ruhe, einer Wärme, einem positiven Wohlgefühl, denn in den Texten geht es stets um Harmonie, Liebe, Mitgefühl und die Vermeidung negativer Gefühle. Doch so sehr das auch in dem Moment positiv zu wirken mag, so irritiert es mich doch auch und lässt mich Abstand gewinnen. Denn ... seltsamerweise gestaltet sich mein Leben weitaus weniger positiv als ich da lese.

Der einzige Weg zum inneren Frieden solle sein, immer bereitwillig zu helfen und nicht egoistisch zu sein. Das erscheint mir aus meiner Erfahrung in der realen, harten Welt, die ich jeden Tag erlebe, nicht sehr praktikabel. Ich kann mich gerade in der letzten Zeit an viele Situationen erinnern, aus denen ich eher die Lehre gezogen habe, egoistischer zu sein. Wenn ich anderen etwas gebe, ist unweigerlich ein Stück weit damit die Erwartung verbunden, wieder etwas zurückzubekommen. Und eine solche Erwartungshaltung bietet Platz für Enttäuschungen ...
Wenn ich völlig unegoistisch bin, bietet das Platz für ein Abhängigmachen von anderen, das auch wieder mir selbst zum Nachteil wird, in dem Moment, wo mein Gegenüber nicht sich ähnlich gebunden oder abhängig zu mir fühlt. Abgesehen davon habe ich im Nachhinein Situationen oft so beurteilt, dass mein Einsatz für andere von denjenigen überhaupt nicht gewertschätzt wurde, sodass eine Portion Egoismus niemandem einen Nachteil, sondern höchstens mir einen Vorteil gebracht hätte.

Ähnlich wie mit diesem Punkt frage ich mich an vielen Stellen, ob ein solch harmoniegestopftes Geschreibe heutzutage irgendeine Anwendbarkeit ergibt.
Für meine Begriffe verhalte ich mich in vielen Position richtig, ... aber auf meine Gutmütigkeit kommt eher Negatives zurück, .. und ich lande am Ende wieder bei der Frage, warum ich "so schlecht ankomme", mir so schwer tue in neuen Kreisen und immer das Gefühl habe mich übermäßig um die Gunst von anderen bemühen zu müssen. Eine beherrschende Frage dieser Tage, die vermutlich auch mit der recht vordergründigen Angst immer ein weniger spannendes, atemberaubendes und erfüllendes Leben zu haben als andere. Keine sehr ausgeglichene, zufriedenstellende Situation ...

Den universellen Lebenssinn beantwortet der Dalai Lama an einer Stelle lapidar mit dem Suchen nach Glück, und eben dieses Glück sei nur Produkt innerer Einstellung. Das erscheint mir unlogisch, weil dann aus den täglichen Abläufen jedem das selbe objektive Glück entstehen müsste, was durch den Einfluss des Zufalls etc unrealistisch erscheint. Zum anderen erscheint mir das Anstreben von Glück ein zu wenig lauteres Ziel. Vllt stimmt mich das so unzufreiden, dass ich zunehmend sehen muss, dass es wohl tatsächlich um nicht mehr und nicht weniger geht im Leben. Die Welt verändern ist nicht so einfach, wie man dachte. Überhaupt fehlen mir die großen romantischen, heldenhaften, idealistischen Geschichten, Träume und Zukunftsvisionen. Zu ziellos ist mein Leben momentan, oder der Alltag ist zu wenig erfüllend, spaßvoll, mit positiven Kleinigkeiten geprägt, denn immer dann, wenn es schon keinen sonderlichen Spaß macht, ist die Suche nach einem Sinn und Ziel dahinter besonders intensiv.
Wie geht man um mit solchen Tagen? Alles eine einzige Arbeit an sich selbst? Nun, dann wäre ich wohl ein ziemlicher Versager ...

Traurige Gedanken ...
Elisabetta1 - 21. Mai, 21:55

seit deinem eintrag am 8. april, habe ich mir sehr viel zeit gelassen....

.... einen kommentar zu verfassen;
vielleicht ist es dir auch gar nicht recht, aber ich versuche trotzdem ein paar worte zu sagen.
die suche nach dem glück gestaltet sich immer schwierig. dein satz " überhaupt fehlen mir die großen romantischen, heldenhaften, idealistischen Geschichten" sagt mir, daß du in einem lebensalter bist, wo du die welt noch verändern möchtest - oder es zumindest versuchen wirst. ein einzelnes individuum KANN die welt NICHT verändern. entweder man lebt für sich und mit seiner familie, freunden, bekannten (in einem mikrokosmos) oder man versucht sich einer gruppierung, institution etc. anzuschließen, deren gedankengut, werte usw.
man selbst vertreten kann und möchte. offen auf die menschen zuzugehen, sie zu nehmen wie sie sind ( das ist mitunter das schwerste ) und bedacht darauf nehmen, eine ZUFRIEDENHEIT zu erlangen, ist meines erachtens, ein sehr gangbarer weg. nicht nur darauf achten, wie man ankommt in gewissen kreisen, sich nicht *verbiegen* um die zustimmung anderer zu erlangen, nein, sich selbst treu bleiben, seine ideen verwirklichen wollen und neues, selektiv annehmen.
glück ist nur phasenweise im leben erreichbar, aber niemals ein dauerzustand und es kann nur immer von einem selbst ausgehen. du selbst bist es in erster linie, der dich glücklich machen kann. die suche nach dem, was deinem leben letztendlich sinn geben wird, das ist es, was zählt. dein interesse am leben, deiner umwelt, deinen mitmenschen, dingen die es zu entdecken gibt, das kann dich glücklich und zufrieden machen.
bringt dir deine gutmütigkeit genugtuung? schafft sie in dir ein gutes gefühl?
dann behalte sie bei - auch wenn es vordergründig noch enttäuschungen geben mag.
rechne nicht unentwegt deine leistung auf und erwarte permanent eine gegenleistung - du erkennst mit der zeit, wem du hilfe angedeihen lassen kannst und sollst und wer es nicht wert ist.
habe geduld mit dir und deiner umgebung, das erkennen ist ein dauernder lernprozess, der nie endet - nur der tod befreit dich davon.
viel glück wünscht dir elisabetta

ElDonno - 4. Jun, 00:12

"... und so geriet in Vergessenheit, was nicht hätte vergessen werden dürfen"

Sehr recht ist es mir, Elisabetta, von dir so einen ausführlichen Kommentar zu halten. Wenn ich etwas hierher schreibe, dann bin ich auch "redebereit" und über Stellungnahmen dankbar.
Auch diesmal kann ich dir fast nur zustimmen. Vieles ist mir nicht neu, aber es nochmal in dieser Klarheit und Deutlichkeit gesagt zu bekommen, vermag manchmal erst die Berge zu versetzen. Ich danke dir für deine Sorgfalt und dein Interesse!
Zu einem ähnlichem Thema hätte ich heute gern noch etwas ausführlicher geschrieben ... aber es hat heute nicht sollen sein ... ich hoffe, ich packe es in den nächsten Tagen, in der Hoffnung, dass mich die Arbeit, das Opium des Volkes, nicht zu sehr im Griff hat...

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